Periodensystem


Aus der Physik der Oberstufe wissen wir vielleicht noch, dass der dänische Physiker Niels Bohr postulierte, dass Atome und Moleküle in stationären Zuständen existieren, welche eine konstante Energie besitzen. Das ist das Erste Bohr’sche Postulat. Wie in der Einleitung schon erwähnt findest du übrigens die Zusammenfassung aller fettgedruckter Begriffe im Glossar in der letzten Lektion.

Neben dem ersten Bohr’schen Postulat, gibt es auch ein zweites. Das Zweite Bohr-Postulat besagt, dass zwischen diesen Zuständen Übergänge möglich sind, wobei Energie umgesetzt wird: . Die Energiezustände sind außerdem diskret und atomspezifisch und nur von den Elektronen des Atoms abhängig. Das heißt, die Zustandsänderung bedeutet gleichzeitig eine Zustandsänderung des Atoms. Diese Zustandsänderungen werden abhängig vom Zielzustand in vier Serien eingeteilt. Die Lyman-Serie beschreibt die Übergänge der Energieniveaus in den Grundzustand, die Balmer-Serie die Übergänge in den ersten angeregten Zustand, die Paschen-Serie die Übergänge in den zweiten angeregten Zustand und die Brackett-Serie die in den dritten angeregten Zustand. Bei allen Serien spielt der Ausgangszustand aus dem das Atom kam für die Zuordnung zu einer Serie keine Rolle.

 
Den energetischen Zustand eines Atoms kann man durch vier Quantenzahlen beschreiben. Sie sind unter anderem dafür verantwortlich, dass in der ersten Schale eines Atoms nach dem Bohr’schen Atommodell zwei Elektronen Platz finden, in der zweiten acht, in der dritten 18 und so weiter.

Die wichtigste für die Chemie ist die Hauptquantenzahl n, die im Bohr’schen Atommodell die Schale angibt. Ab der ersten Schale wird die Hauptquantenzahl durchnummeriert (1, 2, 3, 4, …) oder ab K alphabetisch durchgezählt (K, L, M, N, …). Sie hat den größten Einfluss auf die Energie des Elektrons, da der Abstand zum Atomkern die größten Auswirkungen auf die potenzielle Energie des Elektrons hat.

Jede Schale hat noch immer gleich viele Unterschalen, die mithilfe der Nebenquantenzahl l beschrieben und ab null durchnummeriert werden (0, 1, 2, …, n-1). Sie bestimmen das Orbital, also die Verteilung der Aufenthaltswahrscheinlichkeit des Elektrons. Die 0. bis 3. Orbitale heißen s, p, d und f. Die energetische Reihenfolge der Unterschalen solltest du dir vom Grundsatz für die Klausur merken. Die erste Zahl ist dabei die Schale oder Hauptquantenzahl und der Buchstabe der zur Nebenquantenzahl gehörende Buchstabe. Dazu kann man noch ergänzen, dass grundsätzlich das 0. Orbital einer Schale stabiler ist als das zweite Orbital der Unterschale: n*s < (n-1)*d). Außerdem sind die f-Orbitale einer Schale weniger stabil als die 0. Orbitale der Schale zwei Hauptquantenzahlen größer: (n+2)*s < nf. Deshalb treten die 3. Orbitale überhaupt erst in der 4. Schale auf. Die Reihenfolge bedeutet, dass die Unterschalen der Reihe nach aufgefüllt werden, bevor Elektronen eine höhere Unterschale einnehmen. Weil das alles auf den ersten Blick etwas verwirrend ist, siehst du im roten Kasten die energetische Reihenfolge, in der die Schalen aufgefüllt werden.

Pro Unterschale gibt es 2l+1 Orbitale, die von -l bis +l inklusive 0 mithilfe der Magnetquantenzahl m1 durchnummeriert werden.

Jedes Orbital hat schließlich auch zwei mögliche Spins, nämlich links- oder rechtsdrehend, die in der Spinquantenzahl mS durch +½ oder -½ beschrieben werden. In der GIF-Animation unten siehst du beispielhaft die Quantenzahlen von Wasserstoff, Helium und Lithium abgebildet.

  Mithilfe der Quantenzahlen kann man dann den Zustand eines Atoms durch die Elektronenkonfiguration beschreiben, die stark mit dem Aufbau des Periodensystems zusammenhängt. Ursprünglich wurde das Periodensystem mit einem anderen Hintergedanken erstellt, noch bevor es die quantenphysikalische Erklärung gab. Und zwar wurde zum einen nach den Atomradien geordnet, die direkt mit der Ordnungszahl zusammenhängen und die Ordnungszahl wiederum mit der Atommasse. Zum anderen wurde damals spaltenweise nach ähnlichem, chemischem Verhalten bei Reaktionen geordnet.

Jetzt ist das Periodensystem nach der Begründung der Quantenphysik aufgebaut, die auf den Bohr-Postulaten beruht. Demnach ist es so aufgebaut, dass Atome von links nach rechts und von oben nach unten zunehmend mehr Elektronen haben. Diese Elektronen befüllen die Schalen und Unterschalen der Atome nach der energetischen Reihenfolge:

Die erste Zeile zum Beispiel fängt mit Wasserstoff an, das nur ein Elektron hat. Das Elektron ist dementsprechend in der ersten Schale, also n=1. Die Unterschale l kann Werte von 0 bis n-1 annehmen, also nur l=0; die Magnetquantenzahl ist also auch m1=0. Das heißt bis auf den Spin, der nicht eindeutig bestimmt werden kann, ist der Zustand des Elektrons und des Wasserstoffatoms eindeutig bestimmt und man schreibt insgesamt 1s1, wobei die vordere 1 für die Schale, das s für die Unterschale und die 1 im Index für die Anzahl an Elektronen in der Konfiguration 1s steht.

Kommt jetzt noch ein Elektron hinzu wie bei elementarem Helium, hat das Elektron dieselbe 1s Konfiguration und den jeweils anderen Spin, das heißt Helium hat die Elektronenkonfiguration 1s2.

1s3 kann nach dem Pauli-Prinzip, das besagt, dass zwei Elektronen nicht dieselben vier Quantenzahlen besitzen können, nicht existieren. Damit müssen weitere Elektronen eine neue Hauptquantenzahl haben, also eine neue Schale befüllen und die Zeile im Periodensystem ist zu Ende. Deshalb sind Edelgase auch besonders stabil, weil sie im elementaren Zustand schon in der energetisch günstigsten Konfiguration (voll besetzte Schale) vorliegen.

Geht man das Periodensystem weiter durch und hat große Atome, nehmen die Elektronen die Konfiguration des nächstkleineren Edelgases ein und die darauf folgenden Elektronen muss man sich wieder nach der energetischen Reihenfolge erschließen. Auch die Elektronenkonfiguration größerer Atome lässt sich vereinfachen: Elementares Lithium beispielsweise hat ein Elektron mehr als Helium, aber bis auf dieses zusätzliche Elektron haben die restlichen Elektronen dieselben Quantenzahlen wie im Helium-Atom. Deshalb schreibt man Helium in eckigen Klammern [He] und erkennt in der energetischen Reihenfolge, dass nach einem 1s-Orbital ein 2s-Orbital eingenommen wird. Daraus lässt sich schließen, dass das zusätzliche Elektron die Konfiguration 2s1 haben muss und Lithium insgesamt [He]2s1=1s22s1.
 

Neben der Elektronenkonfiguration der Atome ist der Aufbau des Periodensystems auch ganz pragmatisch mit der Anzahl an Valenzelektronen , also Elektronen in der äußersten Schale, zu begründen. Hauptgruppenelemente haben spaltenweise nämlich gleich viele Valenzelektronen, und zwar die Nummer ihrer Hauptgruppe: Kohlenstoff zum Beispiel ist in der vierten Hauptgruppe und hat vier Valenzelektronen.

In einer Periode zwischen den Hauptgruppen ändert sich zum einen die Ionisierungsenergie, also die Energie, die benötigt wird, um ein Elektron im Atom zu entfernen. Sie nimmt von links nach rechts zu, weil die Atome in den niedrigeren Hauptgruppen eher die Edelgaskonfiguration erreichen, indem sie Elektronen loswerden. Die Edelgaskonfiguration ist die stabilste Elektronenkonfiguration und das Bestreben, sie zu erreichen wird fälschlicherweise auch Oktettregel genannt. Die Bezeichnung ist nicht ganz richtig, da Atome nicht immer mit acht Elektronen am stabilsten sind. Das präsenteste Beispiel ist das Wasserstoffatom, das mit zwei Valenzelektronen die Edelgaskonfiguration erreicht. Weitere Beispiele siehst du im Zusammenhang mit Hypervalenz (s. Lektion Kovalente Bindungen). Die Edelgaskonfiguration ist außerdem namensgebend für die Bezeichnung „Edelgas“, da sie energetisch so stabil sind, dass Edelgase chemisch nicht mit anderen Elementen reagieren. Von oben nach unten nimmt die Ionisierungsenergie hingegen ab, weil die Valenzelektronen einen größeren Abstand zum Atomkern haben. Dadurch haben die Valenzelektronen selbst weniger potenzielle Energie und sind einfacher zu entfernen.

Die dazu komplementäre Eigenschaft bildet die Elektronenaffinität. Sie beschreibt die Energie, die benötigt wird, um einem Atom ein Elektron hinzuzufügen. Sie ist bei den Halogenen, also den Elementen der siebten Hauptgruppe am größten, da sie am energetisch wenigsten aufwändig durch die Aufnahme eines Elektrons die Edelgaskonfiguration erreichen. Die Entwicklungen der Ionisierungsenergie und der Elektronenaffinität deuten beide wieder auf die besonders hohe Stabilität der Edelgase hin, da die Elemente der ersten Hauptgruppe möglichst ein Elektron loswerden und die der siebten Hauptgruppe möglichst eins aufnehmen wollen.

Die Differenz beider Werte liefert schließlich die Elektronegativität. Sie beschreibt genau die Kombination beider Energien, ist also allgemein das Maß für die Bereitschaft von Atomen, Elektronen aufzunehmen oder abzugeben. Die niedrigsten Elektronegativitäten haben also aus der Schlussfolgerung eben die Edelgase, da sie weder leicht zu ionisieren noch affin gegenüber zusätzlichen Elektronen sind. Die Elektronegativität wird später bei den Redoxreaktionen eine wesentliche Rolle spielen, da wir anhand ihrer die Ladungsflussrichtung bestimmen können.

   

KLAUSURAUFGABEN

 

In der Klausur sollen wir zu diesem Kapitel häufig die Elektronenkonfigurationen von Ionen bestimmen. Dabei geht man gleich vor wie bei den elementaren Atomen, nur, dass man jetzt die Anzahl an Elektronen im elementaren Atom mit den zusätzlichen oder abgezogenen Elektronen verrechnen muss. Diese Aufgabentypen sind sehr einfach, da sie nach einem Schema gelöst werden können. Üben wir das Schema mal anhand einiger Übungsaufgaben:

Aufgabe 1: SS2018, 1a. Das dreifach positiv geladene Chromkation Cr3+ hat zum Beispiel die Ordnungszahl 24, also auch 24 Elektronen im elementaren Zustand. Die positive Ladung symbolisiert, dass das Atom mehr Protonen als Elektronen hat. Das heißt, wir subtrahieren 3 Elektronen und erhalten 21 Elektronen, was der Anzahl an Elektronen von elementarem Scandium entspricht. Im Periodensystem, das wir in der Klausur bekommen, können wir dann die Elektronenkonfiguration direkt ablesen: In diesem Fall entspricht die Elektronenkonfiguration der Edelgaskonfiguration von Argon mit einem Elektron mit einer 3d-Konfiguration und zwei Elektronen – also der hohe Index 2 – mit einer 4s-Konfiguration: [Ar]3d4s2.

 
Aufgabe 2: SS 2018, 1b. Zweifach positiv geladenes Cadmium (Cd2+) hat im elementaren Zustand 48 Protonen und Elektronen und mit einer zweifach positiven Ladung 2 Elektronen weniger, also 46 Elektronen. Nach der energetischen Reihenfolge haben die restlichen Elektronen dieselbe Elektronenkonfiguration wie elementares Palladium, also ergibt sich die Konfiguration [Kr]4d10.

 
Aufgabe 3: SS 2018, 1c. Einfach positiv geladenes Flerovium Fl+, das früher Ununquadium Uuq hieß, hat im elementaren Zustand 114 Elektronen und als einfach geladenes Kation 113 und demnach insgesamt die Elektronenkonfiguration von elementarem Nihonium [Rn]5f146d107s27p.

Lukas Bernemann

Gründer

Funktionen: Website, Kundensupport, Werbekundenbetreuung

Kurse: Mechanik 1, Mechanik 2, Mechanik 3, Höhere Mathematik, English for Engineers